Das „griechische“ Licht der Uckermark!
Als wir erstmalig in die Uckermark kamen, das Anwesen in dieser so urwüchsigen Landschaft entdeckten, da lag uns fern, so weit weg von Berlin zu gehen.
Irgendwie waren wir aber doch neugierig geworden: Bauernhof, großer Grund, Landschaft … Und als ich da war, fand sich ein verfallender Hof vor mit wandernden Wänden, lecken Dächern, hängenden, geborstenen Stützbalken, Hausrat und Trinkgefässe, die da standen als wäre gerade jemand gegangen. Alles war stehen geblieben drei, vier Jahre zuvor bis die Erben sich zum Verkauf entschließen konnten. Ein Haus im Dornröschenschlaf. Der Nachbar hatte zwei Pferde zum Grasen in den weitflächigen Hof mit üppiger Wiese geschickt. Alles wucherte, grünte, spross, wartete darauf, vor dem Verfall gerettet zu werden, die Pferde, mythenhaftes Bild der Vitalität, ein Licht, das mich gebürtigen Griechen an das helle, grell strahlende Licht der Ägäis schmerzhaft erinnerte. Das Meer war eben doch nicht weit, auch wenn es nicht die wohlig warme Mediterranée war. Die Luft konnte von Ferne an die Klarheit der Luft auf den Inseln der östlichen Ägäis erinnern. Und dann, eines Tages nachdem ich diese Assoziationen ins Reich der Auswanderer-Sehnsüchte verbannt hatte, lese ich diesen Text von Ehm Welk (1884-1966), dem uckermärkischen Dichter.
„Mein Land, das ferne leuchtet“
„Dort oben, wo die Uckermark ihre nördlichste Spitze weit ins vorpommersche Gebiet vorstößt und an ihrer rechten Flanke ein Bruch mit nach Norden zieht, liegt mein Land! Eine meilenweite rechteckige Schale, deren sattgrüner Boden auf der östlichen Längsseite vom schwarzen Rand eines Höhenzuges, auf der Westseite von hohen Wäldern eingefasst ist und deren Schmalseiten im Süden und Norden die Ferne als ein samtenes Blau aufwellen lassen. ….. Wenn von den Wundern des Lichts auf der Erde gesprochen wird und von der unbeschreiblichen und nicht zu malenden Farbenpracht des abendlichen Himmels, rühmen die Kundigen gern drei Punkte der Erde als die schönsten: die Küste von Nordwest-Schottland im Angesicht der Insel Skyt, die Höhen von Taormina auf Sizilien mit dem Blick auf den Ätna oder über die Straße von Messina auf das ferne Kalabrien, ein Schiff vor der Bucht von Rio de Janeiro mit der Sicht auf den Zuckerhut und das ansteigende Land dahinter. Ich habe an diesen drei Stellen der Erde gestanden, glückseliger Erschütterung voll und gezwungen, den klingenden Abglanz des farbigen Lichtes lange, lange in mein Denken und Fühlen zu verwirken, und muß doch bekennen, daß die Offenbarung des ewigen Lichtes im Diesseits noch einen ebenso schönen Punkt der Erde kennt: mein Land, von dem das Bruch nur erst das Vorfeld darstellt.“
Zitiert nach Musen und Grazien in der Mark: Ein Lesebuch, herausgegeben von Jürgen Israel, Peter Walther, (2002) S. 310, Ehm Welk: „Mein Land, das ferne leuchtet“